Gedenken an Bombardierung Querfurts vor 80 Jahren
„Ich habe am 11 April 1945 den Bombenabwurf in Querfurt miterlebt. Ich wohne in Altweidenbach. Von dort aus konnte ich zufällig die Bombenflugzeuge, die ziemlich tief flogen, sehen, als wir am Weidenbacher Teich spielten. Einer von uns sagte, die verlieren etwas. Es war nicht nur etwas, es waren Bomben, die 24 Todesopfer forderten. Ich rannte schnell nach Hause. Da stand schon mein Großvater vor der Haustür und beobachte wie der Rauchpilz der Explosion nach oben stieg. Ich kann diese schrecklichen Bilder einfach nicht vergessen.“
Albrecht Schäfer aus Altweidenbach, der im Rahmen des Gedenkens an der Stele in der Geistpromenade, die Anwesenden an seinen Erinnerungen teilhaben ließ, war am Tag der Bombardierung 11 Jahre alt. Ihm ist es wichtig, seine Erlebnisse als Warnung vor einem neuen Krieg in die Öffentlichkeit zu bringen. Die 88-jährige Helga Schwarz, die den Angriff schwer verletzt überlebte, aber Familienangehörige verlor, war ebenfalls vor Ort. Sie hatte das Gesteck des Altertums- und Verkehrsvereins gespendet und lauschte den Reden ergriffen mit Tränen in den Augen.
Auch die zahlreichen jüngeren Anwesenden, Stadräte, Mitglieder des Altertums- und Verkehrsvereins, Anwohner und interessierte Einwohner, waren in erster Linie gekommen, um an die Schrecken des Krieges zu erinnern.
Das 9. US-Bombengeschwader war an diesem Morgen vor 80 Jahren Richtung Naumburg unterwegs, um das Heereszeugamt zu zerstören. Nachdem in einer ersten Welle 41 Bomber ihre Last über dem Ziel abgeworfen hatten, herrschte eine starke Sichtbehinderung, so dass die zweite Welle, die aus 36 A-26-Bombern bestand, die Bomben nicht ausklinken konnten. „Nach dem dritten vergeblichen Anflug auf das Heereszeugamt entschließt sich der Flight Leader zum Abdrehen einer Staffel nach Nordwesten, um die Stadt Querfurt als Ausweichziel anzugreifen“, heißt es in einem Report der US-Armee. Dieser Entschluss bedeutete das Todesurteil für 24 Querfurterinnen und Querfurter sowie zwei unbekannte deutsche Soldaten. Um 11:18 Uhr schlugen die Bomben der sechs amerikanischen Maschinen ein und trafen den Bereich der heutigen Geistpromenade und Lindenstraße.
Hartmut Lasse, der Vorsitzende des Altertums- und Verkehrsvereins, zeigte im Rahmen des Gedenkens die Chronologie der Ereignisse an jenem 11. April 1945 auf. Nur 24 Stunden bevor die US-Armee in Querfurt einmarschierte. "Entgegen dem bislang vermuteten Ziel, einer deutschen Einheit, die sich zufällig in Querfurt aufhielt, ist aus den Aufzeichnungen der US-Armee genau zu sehen, dass Querfurt als Ausweichziel gewählt wurde, weil in Naumburg die Sicht zu schlecht war. Und den Unterlagen ist zu entnehmen, dass man sich bewusst war, dass eine Wohnsiedlung bombardiert wird."
An der Einfahrt zur Lindenstraße steht heute eine Gedenkstele, auf der alle 24 Namen vermerkt sind. Zum Gedenken der Toten legte Bürgermeister Andreas Nette gemeinsam mit Vertretern des Stadtrates einen Kranz nieder. Zwischen den Reden spielten Schüler und Lehrer der Burgmusikschule einige Stücke und sorgten damit für die entsprechende Umrahmung.
„Die Sinnlosigkeit eines Krieges wird in vielen Dingen deutlich, aber wir haben hier in Querfurt, direkt vor Ort, ein fassbares Beispiel dafür. 24 Zivilisten starben, zufällig. Der Staffelkommandant hätte eine andere Stadt auswählen können, hätte sich sagen können, fliegen wir einfach wieder zurück oder werfen wir die Bomben auf einen Acker. Nein, Querfurt wurde ausgewählt. Noch dazu eine reine Wohnsiedlung. Kein militärisches Ziel. Die gleiche Vorgehensweise sehen wir aktuell tagtäglich in den Nachrichten, wenn die Bilder aus der Ukraine über den Bildschirm flimmern. Sinnloses Sterben. Wir gedenken heute nicht nur den 24 Querfurterinnen und Querfurtern, sondern allen Opfern von Kriegen, überall in der Welt, die sinnlos ihr Leben lassen müssen. Und wir verbinden dieses Gedenken mit dem sehnlichen Wunsch nach Frieden und der Hoffnung darauf, dass Aggessoren, ob in Russland, im Nahen Osten oder in anderen Teilen der Welt, zur Besinnung kommen und die Waffen schweigen lassen“, sagte Bürgermeister Andreas Nette bevor er die Anwesenden bat eine Gedenkminute einzulegen.